
3. August 2016
00:00 Uhr
NDR
Schwulsein war im Sozialismus kein Thema. Das war ein „Überbleibsel dekadenter bürgerlicher Moral“ und würde sich schon von allein erledigen, dachte man. Da nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Verschärfung des § 175 anders als in der BRD im Osten wieder zurückgenommen wurde, konnte man dort zunächst freier leben – es wurde eben nur nicht darüber geredet. Wie man als Schwuler in der DDR gelebt und geliebt hat, davon erzählen in diesem Film sechs Männer – und sind sich dabei keineswegs immer einig. UNTER MÄNNERN erzählt von Individualität in einem uniformen System
PRESSENOTIZ: Zum ersten Mal fragt ein Film nach, wie Schwule in der DDR gelebt haben – darunter so unterschiedliche Männer wie der Künstler Jürgen Wittdorf und der Friseur Frank Schäfer, der Bürgerrechtler Eduard Stapel und John Zinner, der sein Coming-Out in einem kleinen Dorf im Thüringer Wald erlebt hat. Befragt hat sie Ringo Rösener, Anfang der 1980er in der DDR geboren, der wissen will, ob er als erwachsener schwuler Mann dort hätte leben können. Eltern und Großeltern kann man danach schließlich nicht fragen.
BEGRÜNDUNG der Filmbewertungsstelle Wiesbaden zum „Prädikat besonders wertvoll“: Wer anders ist als die Norm, hat es schwer. In jeder Gesellschaft. Doch in einem Land wie der ehemaligen DDR, wo der Staat die Norm diktiert, ist es noch viel schwerer. Schwule und Lesben wurden, wenn sie sich für ihre Rechte und gegen das staatliche Verschweigen einsetzten, zu Staatsfeinden erklärt. Die Möglichkeit, die eigene Sexualität zu entdecken und auszuleben, wurde als zu korrigierende Verfehlung abgestraft. In ihrem bemerkenswert persönlichen Dokumentarfilm gehen Markus Stein und Ringo Rösener der Frage nach, wie Homosexuelle in der DDR lebten und unter welchen Restriktionen sie leiden mussten. Künstler kommen zu Wort, Schriftsteller, aber auch Politaktivisten und Theologen, die sich gegen die Ungerechtigkeiten des Staates auflehnten. Die Protagonisten geben viel von sich preis, erzählen Persönliches, aber auch viel Allgemeingültiges. Somit kann der Film über Homosexualität in der DDR als Beispiel für viele Länder gelten, ob Ost oder West. Ein gelungenes und pointiert erzähltes Plädoyer für das Recht auf selbstbestimmte Sexualität und die Freiheit, einfach nur man selbst zu sein.